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Fristlose Kündigung wegen einer Kaffeepause, gerechtfertigt?

Kaffepause Kündigung

Lars Murken-Flato
Lars Murken-Flato
Erstellt: 26.06.2023 | Stand: 12.06.2024

Wenn eine Angestellte oder ein Angestellter absichtlich das Betriebsgelände verlässt, um eine Pause einzulegen, ohne das Zeiterfassungssystem zu nutzen, kann dies unter bestimmten Umständen einen schwerwiegenden Vertrauensbruch gegenüber dem Arbeitgeber darstellen und somit eine fristlose Kündigung rechtfertigen.

 

Nachdem im Gesetz geregelten Vorschriften (§ 626 I BGB) hat der Arbeitgeber die Möglichkeit seinen Arbeitnehmer fristlos zu kündigen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Fraglich ist, ob ein solcher wichtiger Grund vorliegt, wenn der Arbeitnehmer während seiner Arbeitszeit Kaffeetrinkern geht und dabei vergisst sich auszustempeln. Diesen Fall entschied das LAG Hamm.

Zum Sachverhalt

Der Arbeitgeber, der Beklagte in diesem Fall, hatte der Klägerin ein fristlos gekündigt. Der Grund dafür war, dass der Arbeitgeber eine Mitarbeiterin dabei beobachtet hatte, wie sie eine Kaffeepause in einem Café einlegte, welches sich gegenüber dem Betrieb befand. Nachdem der Arbeitgeber erfuhr, dass die Mitarbeiterin sich nicht im Zeiterfassungssystem ausgeloggt hatte, konfrontierte er sie mit dem Vorwurf des Arbeitszeitbetrugs. Anfangs leugnete die Mitarbeiterin den Vorwurf und behauptete, sie habe sich im Keller aufgehalten, selbst als der Arbeitgeber angab, sie persönlich in dem Café beobachtet zu haben. Erst als der Arbeitgeber ankündigte, ihr Beweisfotos auf seinem Mobiltelefon zu zeigen, gestand die Frau ihr Fehlverhalten ein. Daraufhin kündigte der Arbeitgeber ihr fristlos. Die Mitarbeiterin war der Meinung, dass die Kündigung unverhältnismäßig sei, da der Arbeitgeber den Umstand, dass das Arbeitsverhältnis bisher störungsfrei verlaufen sei, nicht ausreichend berücksichtigt habe. Sie argumentierte, sie habe sich nur etwa 10 Minuten in dem Café aufgehalten und schlicht vergessen, sich auszuloggen.

Was ist eine fristlose Kündigung

Eine fristlose Kündigung, auch außerordentliche Kündigung genannt, ist die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses ohne Einhaltung der vertraglich vereinbarten Kündigungsfrist gemäß § 626 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) in Deutschland.

Gemäß § 626 BGB kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann.

Eine fristlose Kündigung wird in der Regel aus schwerwiegenden Gründen ausgesprochen, beispielsweise bei schweren Vertragsverletzungen, Diebstahl, Betrug, Arbeitsverweigerung, Beleidigung, Mobbing oder groben Verstößen gegen arbeitsvertragliche Regelungen. Es müssen hinreichende Beweise für den wichtigen Grund vorliegen, der die sofortige Beendigung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigt.

Es ist wichtig anzumerken, dass eine fristlose Kündigung rechtlich anspruchsvoll ist und vor Gericht überprüft werden kann. Sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer können eine fristlose Kündigung aussprechen, sofern die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Im Falle einer unrechtmäßigen fristlosen Kündigung kann der betroffene Arbeitnehmer eine Kündigungsschutzklage einreichen und auf Wiedereinstellung oder Schadensersatz klagen. Daher sollte eine fristlose Kündigung mit Bedacht und nach sorgfältiger rechtlicher Prüfung erfolgen.

War eine vorherige Abmahnung erforderlich?

Die Klägerin trägt auch vor, dass die Kündigung nicht wirksam sein kann, weil sie zuvor nicht abgemahnt wurde. Im Normallfall bedarf es einer Abmahnung, bevor fristlos gekündigt werden kann. Eine Abmahnung wird dann als entbehrlich angesehen, wenn dem Arbeitgeber angesichts der Art, der Schwere oder der Folgen der Pflichtverletzung eine weitere Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr zuzumuten ist.

Vertrauensverlust durch vorsätzliche Lüge

Das Landesarbeitsgericht Hamm sieht eine Abmahnung als milderes Mittel nicht als erforderlich an. Dies wird insbesondere damit begründet, dass die Klägerin ihren Fehlverhalten erst später eingestanden hat, nachdem der Arbeitgeber sie damit konfrontiert hatte und erwähnte dass er Fotos als Beweismaterial hat. Damit wurde das Vertrauensverhältnis durch das systematische und vorsätzliche Verhalten der Klägerin zerstört und es führte zu einer Schweren Pflichtverletzung, Durch die Wiederholungsgefahr und der Auswirkungen auf den Betriebsfrieden wurde eine Weiterbeschäftigung der Klägerin als unzumutbar erachtet. Das Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm bestätigte die Rechtmäßigkeit der Kündigung. Das Gericht sah die Voraussetzungen des § 626 Abs. 1 BGB als erfüllt an. Dennoch handelt es sich hierbei nicht um einen Betrug im strafrechtlichen Sinne (gemäß § 263 StGB), da es an einer aktiven betrugsrelevanten Handlung seitens der Arbeitnehmerin fehlt. Sie hat lediglich versäumt, sich abzumelden. Die konkrete Entscheidung hat also nur arbeitsrechtliche Relevanz.

Störung des Betriebsfriedens

Eine Störung des Betriebsfriedens kann auftreten, wenn ein Arbeitnehmer vorsätzlich lügt und dadurch das Vertrauensverhältnis zwischen ihm und dem Arbeitgeber sowie den Kollegen erheblich beeinträchtigt. Durch die bewusste Falschaussage entsteht eine Vertrauenskrise, die das Betriebsklima bzw. den Betriebsfrieden negativ beeinflussen kann.

Besonders hervorzuheben ist in Bezug auf die Diskussion über die Notwendigkeit einer Abmahnung die Tatsache, dass die Lüge das Vertrauen des Arbeitsgebers in den Arbeitnehmer erschüttert und nachhaltig negativ beeinflusst: Grundsätzlich wird in der Rechtsprechung davon ausgegangen, dass bei einem steuerbaren Verhalten eines Arbeitnehmers die Ankündigung einer Kündigung sein zukünftiges Verhalten positiv beeinflussen kann und daher eine Abmahnung vorrangig ist. Diese Regelung gilt jedoch nicht bei besonders schweren Pflichtverletzungen, bei denen selbst die erstmalige Duldung durch den Arbeitgeber - für den Arbeitnehmer erkennbar - objektiv unzumutbar ist.

Die Störung des Betriebsfriedens kann verschiedene Auswirkungen haben, wie eine gestörte Kommunikation, Misstrauen, Konflikte oder ein allgemeines Unwohlsein am Arbeitsplatz. Insbesondere wenn die Lüge in Zusammenhang mit wichtigen Arbeitsangelegenheiten oder zwischenmenschlichen Beziehungen am Arbeitsplatz steht, kann dies zu erheblichen Problemen führen.

Um das Betriebsklima und damit den Betriebsfrieden aufrechtzuerhalten, ist es wichtig, dass Arbeitnehmer ehrlich und vertrauensvoll miteinander umgehen. Lügen und bewusste Falschaussagen können das Vertrauen der Kollegen und des Arbeitgebers nachhaltig beeinträchtigen. In solchen Fällen kann der Arbeitgeber Maßnahmen ergreifen, um den Betriebsfrieden wiederherzustellen, beispielsweise durch Gespräche, klare Kommunikation oder gegebenenfalls arbeitsrechtliche Konsequenzen, wie eine Abmahnung oder im Extremfall eine fristlose Kündigung, sofern die Voraussetzungen dafür gegeben sind.

Die Aufrechterhaltung eines harmonischen Betriebsklimas und eines vertrauensvollen Miteinanders trägt maßgeblich zur Zufriedenheit der Mitarbeiter, der Produktivität und dem Erfolg des Unternehmens bei. Daher ist es wichtig, auf ehrliche und respektvolle Kommunikation zu achten und Störungen des Betriebsfriedens durch vorsätzliche Lügen zu vermeiden.

Was du als Arbeitnehmer womöglich besser machen kannst

Wenn man von einem Arbeitgeber mit einem pflichtverletzenden Verhalten konfrontiert wird, das zur Kündigung führen könnte, ist es ratsam, dem Arbeitgeber nicht die Unwahrheit zu sagen. Ein Verstoß gegen arbeitsvertragliche Verpflichtungen rechtfertigt in der Regel keine fristlose Kündigung, sondern „nur“ eine Abmahnung. Bestreitet man hingegen wahrheitswidrig ein Fehlverhalten, so kann dieses Verhalten nicht nur die Abmahnung, sondern die fristlose Kündigung rechtfertigen. Ob auch in solchen Fälle zuerst abgemahnt werden muss, ist allerdings zwischen den Arbeitsgerichten hoch umstritten. Je nach Gericht und Richter besteht aber die Gefahr, dass einem die Lüge über ein an sich relativ harmloses Fehlverhalten den Job kostet.